Patrick Herrmann - Die Gesundheit steht am Ende der Lüge

Patrick Herrmann

Mutstifter

Für Patrick Herrmann steht eine Frage im Mittelpunkt. „Wieso tun wir was wir tun?“ Dies rauszufinden, ist der erste Schritt zu Erfolg und einem gesunden Leben. Als Mutstifter, Körpersprachetrainer und Coach begleitet er Unternehmen und Menschen auf ihrem Weg zum Erfolg. Dabei gilt es die eigenen Lügen im Leben zu entlarven und den Mut zu entwickeln Radikal Ehrlich mit sich selbst und anderen zu sein.

Die Welt dreht sich scheinbar immer schneller. Globalisierung, Digitalisierung und immer mehr Möglichkeiten überfordern uns zunehmend. Die Anzahl der chronischen Erkrankungen steigt rasant an. Eine der Hauptursachen dafür ist Stress. Dieser entsteht fast immer durch unterdrückte Emotionen. Wut, Trauer und Ohnmacht sind tabuisierte Gefühle, die oftmals „nicht hier hingehören“. Die Lösung ist es, anzufangen ehrlich zu sein, und zwar radikal.

Patrick Herrmann, Autor und Mutstifter, zeigt uns, was radikal ehrlich bedeutet, und gibt Einblicke in seine Arbeit mit dieser befreienden Art, mit sich selbst und anderen zu kommunizieren. Zu eruieren, wo wir Lügen und unsere Gefühle unterdrücken, wird uns langfristig gesünder machen und uns von den größten Stressoren befreien.

Psychische Erkrankungen und deren Entstehung

Die richtige Antwort ist 40 %. Zugleich stimmt aber auch die letzte Option, denn es sind einfach zu viele und die Zahl erhöht sich laufend. Dabei nehmen nicht nur psychische Erkrankungen, sondern auch die entsprechenden Medikamente wie Antidepressiva zu. Warum das so ist? Weil wir immer möglichst schnelle Lösungen für unsere Probleme suchen. Doch eigentlich erfordert unsere Gesundheit, psychisch wie auch physisch, Zeit und Aufmerksamkeit.

Unterdrückung von Emotion und die Lügen unseres Lebens

„Das Funktionieren ist die Perversion des Handelns“ – Hannah Arendt. Dieses Zitat soll verdeutlichen, dass wir oft nicht so agieren, wie wir wollen und nicht die Gefühle zum Ausdruck bringen, die wir haben. Die Ursache ist die gesellschaftliche Erwartungshaltung und der Wunsch danach, dieser zu entsprechen und ins System zu passen bzw. die Angst, eben das nicht zu tun.

Wir alle spielen gewissermaßen eine Rolle und halten uns ein Schutzschild vor, um der Mensch zu sein, von dem wir glauben, dass er gesellschaftlich „richtig“ agiert. Diese Maßstäbe werden in unseren Köpfen von Glaubenssätzen aus der Kindheit geprägt wie etwa „Stell‘ dich nicht so an“, „Zickige Mädchen nerven“ oder „Ein Bub weint nicht“. All diese Sätze sind nichts anderes als Bewertungen von Gefühlen und der Grund, dass wir genau diese unterdrücken. Das jedoch kostet viel Energie. Genau genommen lügen wir außerdem uns selbst und unser Umfeld an.

Bewertungen sind immer auf den Kopf zurückzuführen, welcher uns im Weg steht. Wir müssen wieder den Weg von strenger Ratio und Kopfarbeit zurückfinden zur Emotionsarbeit. Das kann erst dann gelingen, wenn der Kopf einen Moment Pause hat und damit die Gefühle nicht länger unterdrückt werden.

Unter Lügen versteht Herrmann nicht etwa ein Vertuschen, um sich besser darzustellen (schwarze Lüge) oder um andere zu schützen (weiße Lüge), sondern das nicht-Zeigen unserer Gefühlslage. Ziel ist zunächst, diese Lüge anzunehmen und zu erkennen, dass man sich mit dem identifiziert, was einem andere vorgeben.

Ein Zitat von Martin Luther lautet: „Die Lüge ist wie ein Schneeball. Je länger man ihn wälzt, desto größer wird er.“ Desto früher wir uns also unserer Lügen bewusst werden, sie entlarven und uns von ihnen befreien, desto schneller wirkt es sich positiv auf unsere Gesundheit aus.

Und obwohl die Wahrheit, jemandem ins Gesicht zu sagen, was man wirklich denkt und fühlt, oft mit Ängsten einhergeht (verurteilt zu werden, Respekt zu verlieren, nicht verstanden zu werden), ist sie langfristig der Weg zu besseren menschlichen Beziehungen und einer besseren Gesundheit. Wir können dann psychisch mit uns selbst im Reinen sein.

Radikale Ehrlichkeit

Der Begriff der radikalen Ehrlichkeit wurde vom Psychotherapeuten Brad Blanton geprägt (Radical Honesty). „Radikal“ ist für viele negativ konnotiert, es erscheint „extrem“. Wenn wir uns allerdings die Etymologie, den Ursprung des Worts ansehen, wird dessen Bedeutung klarer. „Radikal“ leitet sich nämlich vom lateinischen Wort radix, der Wurzel, ab. Radikal ehrlich zu sprechen, heißt demgemäß nichts anderes als „aus der Wurzel heraus zu sprechen“, also von Grund auf ehrlich.

Emotionale Ärgerlichkeiten fressen wir in uns hinein. Je mehr wir davon haben, desto mehr steigert sich die Emotion. Doch wir bauen uns immer weiter Geschichten bzw. Lügen auf, die uns langfristig krank machen. Radikale Ehrlichkeit hingegen fördert die Tiefe guter menschlicher Beziehungen und so sollte sich jede/r fragen, was man vor seiner Familie oder engen Freunden verheimlicht oder welche belastenden Themen es gibt, die bisher unausgesprochen blieben. Brad Blanton ist der Meinung, dass man zu jedem und zu jeder Zeit ehrlich sein sollte, unabhängig davon, ob es das eigene Wohlbefinden oder die Meinung zu einer Person oder einem Sachverhalt betrifft.

Als Befürworter der Theorie der radikalen Ehrlichkeit erzählt Herrmann eine persönliche Anekdote zur Veranschaulichung. In einem Seminar wurde die Frage gestellt, was in einem lebendig ist. Ein Teilnehmer antwortete ihm gegenüber „Du redest mir zu viel, ich bin wütend auf dich“. Er reagierte genervt aufgrund des Glaubenssatzes aus seiner Kindheit „Rede nicht so viel!“, den er oft von seinen Eltern zu hören bekam. Die aufkommenden Emotionen zeigte er jedoch nicht. Am nächsten Tag sprach er die Emotion dann aus. Doch die vermeintliche Wut äußerte sich in Trauer und Verletztheit. Die radikale Ehrlichkeit löste in den anderen ebenso Ehrlichkeit aus und sie hatten Tränen in den Augen. Die gewonnene Erkenntnis daraus: „Ich darf reden!“. Kommunikation unterstützt uns zur Auflösung angespannter Situationen.

Konzept: Kommunikationsmodell

Herrmann bietet uns einige Anhaltspunkte, die eine funktionierende Kommunikation für eine erfolgreiche Umsetzung radikaler Ehrlichkeit ermöglichen.

  • Zeit: Es bedarf Zeit, um in der Kommunikation ehrlich zu sein, um bei Fragen zunächst zu überlegen und innezuhalten, bevor man antwortet. Zeit sollte man sich auch für Emotion, deren Wahrnehmung sowie für das Spüren des Gegenübers nehmen.
  • Achtsamkeit: Meditation und Übungen, durch die wir in uns gehen, um zu erkennen, wie wir uns eigentlich fühlen, sind grundlegend.
    Als Übung nennt Herrmann die Shit List: eine Liste der Dinge, die man bis zum Tod nicht mehr haben möchte (Streit mit Schwester, Jobwechsel, …). Indem wir eine solche Liste anfertigen, werden wir uns unserer inneren Spannungen und Wünsche bewusst und können sie abarbeiten.
  • Kommunikation: die Kommunikation bei radikaler Ehrlichkeit und emotionalen Themen gliedert sich in drei Schritte.
    1. Outside: Was habe ich gerade gehört? – Wiederholung
    2. Inside: Was macht das mit mir gerade? – z.B. Herz klopft, Nacken verspannt sich
    3. Response: Wie kann ich das ehrlich sagen?
    Ehrlichkeit erzeugt auch im Gegenüber Ehrlichkeit. Obwohl dies kurzfristig unangenehm werden oder weh tun kann, ist es für (gesundheitliche) Probleme nachhaltig.
  • Stärken: Wenn wir uns unserer Stärken bewusst sind, können wir ganz anders auftreten und agieren, indem wir sie nutzen. Auch als Mann kann Sensitivität, als Frau Dominanz eine große Stärke sein. Unabhängig von gesellschaftlicher Bewertung sollen wir sie annehmen.

Abschließend legt uns Herrmann noch folgende Übung ans Herz: das Schreiben einer Liste von Dingen, bei denen man zukünftig ehrlich sein möchte, in drei Spalten nach Komfortzonen. In die erste Spalte (safe) sollen all jene Dinge geschrieben werden, die man ganz entschlossen und ab sofort in Angriff nehmen will (z.B. ehrlich sagen, wie es einem geht oder dass einem etwas nicht gefällt). In der zweiten Spalte (maybe) ist Platz für alle jene Dinge, bei denen wir noch unsicher sind (vielleicht spreche ich das mal an oder kläre das ab). In die dritte Spalte kommen alle Big points, also Dinge, die man sich noch gar nicht vorstellen kann (wo ich gelogen habe, was ich berichtigen will). Im Laufe der Zeit können dann die Punkte in den Spalten weiter nach links rücken.

Als finalen Appell fordert Herrmann auf, sich einige Fragen zu stellen, nämlich „Wo kann ich noch ehrlicher werden?“, „Was sind meine Stärken?“, „Wo lüge ich?“. Wenn wir dort ansetzen und im Kleinen beginnen, setzen wir die ersten Schritte zur Gesundheit. Seid ehrlich zu euch selbst!

FAQ - Eure Fragen

Wo findet sich am besten der Mittelweg zwischen „Emotionen rauslassen“ und „Emotionen beherrschen“? Kann man nicht immer seine Emotionen rauslassen, auch wenn es Mitmenschen verletzt, überfordert oder distanziert?

Viele Menschen lügen genau deswegen, um andere nicht zu verletzen oder zu überfordern. Dadurch distanziert man sich. Wenn man etwas sagt, was man lange mit sich mitgetragen hat (was einen z.B. schon 10 Jahre lang am anderen stört), dann verärgert das das Gegenüber. Wenn man es ehrlich zum Ausdruck gebracht hat, gibt es vielleicht erst mal einen Bruch. Andererseits weiß der andere diese Ehrlichkeit vermutlich auch zu schätzen, wenn man richtig kommuniziert, dass man Ungereimtheiten nur aus dem Weg schaffen möchte, weil einem viel an der Beziehung liegt. Wenn man das Rauslassen von Gefühlen gelernt hat, kann man es auch dosieren. Durch Emotionsarbeit wird man als stark wahrgenommen.

Bereut man es am Ende nicht, wenn man durch die Ehrlichkeit Menschen verliert? Oder geht es darum, genau dann in der Kommunikation zu bleiben und gemeinsam die Situation aufzulösen?

Die Grundbasis, das Ziel ist, in eine bessere und ehrlichere Beziehung zu kommen. Lügen, die man mitträgt, sollen aufgelöst werden, weil sie einen mit der Zeit immer mehr belasten. Daher sollte man für sich selbst klären: Wie will ich mit jemandem weiterleben? Wenn man in eine bessere Beziehung kommen will, soll man das auch so kommunizieren („deshalb muss ich dir etwas sagen“). Wir sind alle auf unserer verletzlichen Ebene miteinander verbunden.

Wie entlarvt man die Lügen, die man sich selbst erzählt, die vielleicht so tief verankert sind, dass man sich ihrer gar nicht bewusst ist? Beispiel Sport oder Selbstsabotage.

Durch Coaching und Therapie. Du brauchst jemand anderen von außen, der dir sagt, was er an dir wahrnimmt. Es gibt zwar Methoden für einen selbst, aber wir schmeißen uns ständig Nebelbomben, die uns eine klare Sicht verwehren.

Warum schaffen es viele Firmen nicht, mit der Zeit zu gehen, wenn wir doch wissen, wie wichtig die Psyche ist und die Mitarbeiter wertschätzender behandelt werden sollten?

Dafür gibt es viele Gründe. Auch da erzählen wir uns selbst Geschichten. Wenn man mit jemanden ins Coaching geht und herausfindet, was in einem vorgeht, dann ist das beim Dienstgeber oft nicht gern gesehen. Denn die Menschen erkennen z.B auch, dass sie im falschen Job sind. Dennoch gibt es einen Wandel und die Unternehmen werden zunehmend offener hinsichtlich dieses Themas, in die Tiefe zu gehen. Das Ziel ist erreicht, wenn man selbst versteht, was andere bereits lange sehen.

 

FAQ - zusätzliche Fragen und Antworten

Buchempfehlungen

  • Wenn der Körper Nein sagt. – Dr. Gabor Mate
  • Befreit von Rückenschmerz – Dr. Sarno
  • Radikal Ehrlich – Brad Blanton
  • 30 Minuten Mut - Patrick Herrmann

 

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