Dr. Lutz Graumann Vortrag

Dr. Lutz Graumann

Dr. Lutz Graumann ist Sportmediziner aus Leidenschaft mit zusätzlichen Qualifikationen in Ernährungsmedizin und in der manuellen Therapie. Durch eine Vielzahl an Forschungsprogrammen und Publikationen wird er seit mehr als zehn Jahren als Kapazität im Bereich der individuellen Leistungsfähigkeit und des funktionellen Trainings wahrgenommen.

Jeder von uns wird mit einzigartigen Merkmalen und Eigenschaften geboren, die uns zu dem machen, was wir sind. Tatsächlich besteht unsere Einzigartigkeit nicht nur aus unserer DNA, sondern jeder von uns hat neben Genen auch Mikrobiota und biochemische Besonderheiten, die unsere interindividuellen Unterschiede ausmachen. Hinter dieser einfachen Schlussfolgerung verbirgt sich ein Netz von immenser Komplexität sowie eine großartige Gelegenheit, unsere Einzigartigkeit anzunehmen und die beste Version von uns selbst zu erreichen, indem wir unsere individuelle Stoffwechselgesundheit erreichen. Das Thema "Eat Smart" geht Lutz Graumann an indem er auf die drei Fragen „Warum?“, „Was?“ und „Wie?“ eingeht.

Warum soll ich mich mit gesunder Ernährung befassen und Warum esse ich?

Um diese Frage zu beantworten, wählt Graumann einen Vergleich und stellt eine Analogie zwischen einem Auto und unserem Körper her. So wie der Tacho beim Auto die Geschwindigkeit angibt und die Anzeige den allgemeinen Zustand, so zeigt auch unser Körper unser Energielevel an – aber leider nicht so deutlich. Denn beim Körper haben wir keine automatischen Sensoren, die uns Auskunft geben über Blutdruck, Blutzuckerspiegel und viele weitere Faktoren, die für unser Wohlbefinden wesentlich sind. Wenn wir aber unseren Körper bewusst wahrnehmen und auf seine Signale hören, ist es möglich. Denn unser Körper erneuert sich stetig selbst. Alle 180 Tage haben wir gänzlich erneuerte Blutkörperchen, alle 300-500 Tage eine neue Leber, letztlich ist unser Körper, jede Zelle, jedes Mineralsalz alle 6-10 Jahre vollkommen ausgetauscht. Graumann beschreibt, dass unser Körper eigentlich eine Kopie von einer Kopie ist. Der Toner sei dabei das, was wir uns zuführen. Wenn wir unseren Körper beobachten, finden wir wichtige Indikatoren für die Überprüfung unserer Körperqualität wie etwa folgende …

  • Haut: Pickel und andere Hautunreinheiten können auf Unverträglichkeiten, Stress usw. hinweisen
  • Stuhlgang: dieser sollte regelmäßig und fest sein, wenn unser Körper gesund ist
  • Leistungsfähigkeit: dauerhafte Müdigkeit sollte nicht die Norm sein
  • Laune: die sogenannten Happiness-Hormone Dopamin und Serotonin werden hauptsächlich rund um den Darm produziert, weshalb sie uns gut Auskunft über unsere Ernährungsqualität geben
  • Schlaf: bildet den Startpunkt für gute Ernährung und leidet unter schlechter Ernährung

Wenn wir unseren Handyakku über Nacht aufladen, und morgens ist er nur zu 50% vollgeladen, beantragen wir eine Reklamation. Bei unserem Körper aber hinterfragen wir es nicht oder akzeptieren es einfach, wenn wir morgens nach dem Schlaf nicht energiegeladen aufwachen. Dabei sollten wir die Ursachen ergründen. Häufig würde unser Energielevel und unsere Körperqualität mit unserem Essverhalten in Zusammenhang stehen.

Wichtig zu wissen ist, dass es nicht die eine Ernährungsweise gibt, die für alle gleichermaßen funktioniert. Unsere Körper sind individuell. Genauso wie wir also einen VW Käfer nicht mit Diesel oder einen Porsche mit Super Plus volltanken würden, genauso sollen wir auch unserem Körper nicht jene Lebensmittel zuführen, die ihm nicht guttun. Es gibt also keine Garantie, dass eine bestimmte Ernährungsweise für uns geeignet ist, aber auszutesten, sich zu informieren und mit der Thematik auseinanderzusetzen lohne sich, um eine neue Identität zu etablieren, mit der wir gesund alt werden können.

Für mehr Bewusstsein und Achtsamkeit bei der Ernährung sollten wir uns auch folgende Fragen stellen: Warum essen wir? und Wie viele Mahlzeiten nehmen wir wirklich aufgrund von physiologischem Hunger und Energiemangel zu uns und welche nur aus Lust? Denn der Fakt, dass wir mit Essen und Trinken unsere Emotionen beeinflussen können, ist für unsere Gesundheit kontraproduktiv. Dass wir bei Müdigkeit oder bei emotionaler Verstimmung zu Süßigkeiten greifen, ist zum Teil auch angelernt, weil Kinder oft mit Nahrung belohnt und getröstet werden. Zucker aktiviert außerdem dieselben Hirnareale (Lustbefriedigungszentrum), die auch durch illegale Substanzen (Drogen) aktiviert werden. Weil dieses Areal aber leider unersättlich ist, muss stets unterschieden werden, ob wir aus Langeweile, Lustbefriedigung oder tatsächlich aus Hunger essen.

Wir brauchen lange bis wir wieder erkennen, dass wir eigentlich bereits satt sind und keine Nahrung mehr benötigen. Acht verschiedene Botenstoffe signalisieren uns, ob wir hungrig oder satt sind, aber meistens nehmen wir deren Signale nicht wahr, weil wir nicht mehr bewusst fühlen. Das Sättigungsgefühl tritt zudem erst nach einer halben Stunde ein. Fatal, wenn man bedenkt, dass die meisten Mahlzeiten binnen weniger Minuten ohne jegliche Achtsamkeit hineingeschlungen werden. Dadurch essen wir viel mehr als wir brauchen. Graumann rät daher achtsam und in Gesellschaft zu essen, damit man sich mehr Zeit für die Nahrungsaufnahme nimmt.

Was soll ich tun bzw. essen?

Das A und O sind laut Graumann frische Lebensmittel, die frisch zubereitet werden und nicht industriell gefertigt sind. Denn was sehr lange haltbar gemacht ist, ist chemisch modifiziert. Für eine gesunde und ausgewogene Ernährung sind aber keine Superfoods nötig, sondern lediglich viel Abwechslung und wortwörtlich eine farbige Vielfalt. Graumann rät dazu, dass spätestens am Ende der Woche alle Farben des Regenbogens am Teller gelegen sein sollten. Denn jede Farbe hat eine andere wichtige Funktion (orange ist wichtig für die Haut, weiß für unser Blutsystem usw.). Obwohl es schwer ist, auf alle Farben zu kommen, appelliert er zu reflektieren, welche Farben unterrepräsentiert sind, um im Supermarkt mit einem anderen Blick einzukaufen und Möglichkeiten zu finden, wie man diese Farben langfristig in seine Ernährung integrieren kann.

Nahrungsergänzungsmittel hingegen sollten nicht einfach so eingenommen werden, sondern am besten aufgrund eines Check-Ups eruiert und dosiert werden.

Spanned war zu sehen, wie vielen aus dem Publikum es bereits gelingt, sich gesund und ausgewogen zu ernähren.

Was unser Körper benötigt ist, wie eingangs erwähnt, individuell und hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Gene: Menschen können entweder kohlenhydrat-dominant, protein-dominant oder ein Mischtyp sein. Um zu eruieren, welchem Typ man angehört, empfiehlt Graumann drei Tage lang ein kohlenhydrat-dominantes Frühstück (z.B. Haferflocken oder Brot) zu sich zu nehmen und nach einer halben Stunde einzuschätzen, wie energiegeladen man ist und wie lang man gesättigt ist. Dasselbe soll mit einem protein-dominanten Frühstück (z.B. drei Eier) wiederholt werden, um einen Vergleich ziehen zu können. Die Art von Frühstück, mit der man sich wohler fühlt, bestimmt den individuellen Typ.
  • Microbiome: Microbiome sind für einen Großteil unseres Wohlbefindens verantwortlich. Es handelt sich um Darmbakterien, die eine Vorverdauung vornehmen und dadurch in Lebensmitteln enthaltene Nährstoffe freilegen. Sie bestimmen, was tatsächlich im Körper ankommt, ohne gleich wieder ausgeschieden zu werden.
  • Bioverfügbarkeit: Die Bioverfügbarkeit ist die Wirkung entsprechender Nährstoffe in unserem Körper.
  • Verträglichkeit von Lebensmitteln

Aber wie viele Mahlzeiten brauche ich?

Graumann empfiehlt grundsätzlich intermittierendes Fasten, weil es dem Körper ausreichend Zeit bietet, sich zu regulieren. Dass viel gefrühstückt und wenig zu Abend gegessen werden soll, sei hingegen ein Mythos. Welches das richtige Timing für Mahlzeiten ist, gilt es wiederum individuell auszutesten und zu spüren. Auch wenn man bspw. intervallfastet, sollte mit Essen nicht zu dogmatisch umgegangen werden und Regeln sollten z.B. am Wochenende nicht allzu strikt befolgt werden.

Was soll ich trinken?

Trinken ist wesentlich. Im Schnitt nehmen wir 15% aller Kalorien mittels Getränke zu uns. Diese Kalorien können sehr leicht reduziert werden.

Umso wichtiger ist es allerdings, Wasser zu trinken. Der menschliche Körper hat ein Flüssigkeitsbedürfnis von etwa 30 ml pro Kilo Körpergewicht. Weil dabei aber die Flüssigkeit des Essens inkludiert ist, reicht meistens etwa ein Liter pro Tag.

Was Kaffee betrifft, sind täglich etwa 1-3 Tassen empfohlen, darüber hinaus kann er sich nämlich negativ auf den Schlaf auswirken. Während schwarzer Kaffee jedoch förderlich ist, bergen Milchmischgetränke viele ungesunde Kalorien. Ein Cappuccino bei Starbucks bspw. hat etwa 140 Kalorien, was 12 Würfeln Zucker entspricht. Solche Getränke sind genau genommen ein Dessert und kein Getränk.

 

Wie kann ich es umsetzen?

Es geht nicht darum, sagt Graumann, das Leben komplett zu verändern, sondern zu reflektieren und einen der genannten Faktoren um 1% zu verbessern. Auch kleine Verbesserungen summieren sich bis zum Ende des Jahres auf und sind effektiv. So können die neuen (alten) Neujahrsvorsätze in die Tat umgesetzt werden.

  • Was ist der richtige Treibstoff?
  • Warum esse ich?
  • Wie viel Zeit nehme ich mir dafür?
  • Wie ausgewogen und artenreich möchte ich meine Ernährung gestalten?

Abschließend plädiert Graumann für die 80:20-Regel, welche besagt, dass 80% unserer Entscheidungen gesundheitsbewusst getroffen werden sollen und 20% genussorientiert.

Fragerunde

1. Mit welchen Tests kann man Lebensmittelunverträglichkeiten eruieren?

IGA: Bluttest, der das Immunsystem betrachtet; dieser kann beim Arzt durchgeführt werden.

IGE: Mittels eines IGE können Allergien auslösende Substanzen eruiert werden.

IGG und IGG 4: aktuellste Laborverfahren

Wenn wir allerdings ein Lebensmittel in Verdacht haben, eine Unverträglichkeit hervorzurufen, können wir auch zu Hause ein Experiment durchführen. Normalerweise sollte sich unser Puls beim Essen nur um 5 bis 7 Schläge erhöhen, wenn er sich um mehr Schläge erhöht, ist von einer Unverträglichkeit auszugehen.

2. Was sind smarte Snacks?

Wasser, schwarzer Kaffee oder ungesüßter Tee wirken leistungssteigernd. Wenn man aber wirklich einen Snack möchte, sollte man auf Nüsse, Äpfel oder Birnen zurückgreifen. Von süßen Müsliriegel oder Süßigkeiten, die oft am Konferenztisch stehen, ist abzuraten.

3. Was sind Zeichen an der Haut für falsche Ernährung?

Genauso wie das Fell bei Tieren ihren Gesundheitsstatus anzeigt, so verhält es sich auch bei Menschen durch bspw. Haarausfall. Blassere Augen oder Schleimhäute weisen auf einen Eisenmangel hin. Bei der Haut sind Trockenheit oder Pickel zuverlässige Indizien für eine schlechte Ernährung oder Unverträglichkeit.

4. Wie verhält sich die Zuckerachterbahn während intensiver sportlicher Belastung?

Etwa 2000 Kalorien können in Form von Kohlenhydraten in der Leber und den Muskeln gespeichert werden. Das reicht für 2 Stunden intensive sportliche Belastung. Bis zu 60 Minuten benötigt man keinen Zusatz, ab 60 Minuten wird zusätzliche Lebensmittelzufuhr (60-90g Kohlenhydrate) empfohlen.

5. Haben denn gleichfarbige Lebensmittel auch die gleichen Inhaltsstoffe und kann man das pauschal sagen?

Sie weisen immerhin meist sehr ähnliche Inhaltsstoffe auf, weshalb sowohl eine Farb- als auch Geschmacksvielfalt empfohlen wird.

6. Wie bewerten Sie Softdrinks ohne Zucker (light)?

Finger weg! Alle Zuckeraustauschstoffe fügen dem Körper mehr Schaden zu als sie Gutes tun. Beim Konsum von Light-Produkten handelt es sich um eine „Lose-lose-Situation“. Microbiom-Bakterien werden zerstört und trotzdem ist das Lustbefriedigungszentrum nicht befriedigt, sodass wir immer noch Heißhunger auf etwas Süßes haben.

Die Aufzeichnung des gesamten Vortrags inklusive der Q&A Session steht den Windhund 365 Kunden auf der Eventumgebung 30 Tage lang zur Verfügung.

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