Anna Gellert

Ernährungswissenschaftlerin

Anna Gellert ist Ernährungswissenschaftlerin aus Leidenschaft mit den Schwerpunkten Leistungsfähigkeit, Mindful Eating und gesundes Körpergefühl. Sie ist fasziniert von den Möglichkeiten, die uns eine personalisierte und optimierte Ernährung im Alltag bietet.

Zudem bildet sie sich auch im Bereich der Sporternährung im Leistungssport stetig fort – um auch hier individuelle Ernährungsstrategien für optimale Leistungsfähigkeit umsetzen zu können. Ihr Ziel ist es dabei datenbasierte personalisierte Ernährungsstrategien mit Genuss und Lebensfreude zusammenzubringen.

Ernährung als persönlicher Stoffwechsel-Booster

Unser Stoffwechsel und unsere Physiologie sind so einzigartig wie unser Fingerabdruck. Genauso individuell sollte auch unsere Ernährung gestaltet werden. Denn es gibt hinsichtlich der Ernährung keine „One-fits-all“-Lösung, die für alle gleichermaßen funktioniert, was in Anbetracht verschiedenster Lebensstile, Unverträglichkeiten sowie Geschmäcker naheliegend erscheint. Die personalisierte Ernährung berücksichtigt genau diesen Fakt, wodurch eine Optimierung des Stoffwechsels und somit eine Verbesserung der Laune, Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit ermöglicht wird.

Warum Essen?

Anna Gellert startet den Vortrag mit einer Frage ans Publikum. In welchen Situationen beginnst du zu essen?

 

Auf dieses Resultat hin, stellt Gellert eine Analogie zwischen unserem Körper und einem Auto her. Wir essen, damit wir Treibstoff haben, funktionieren und leistungsfähig sind. Eigentlich könnten wir genau eruieren, was wir brauchen, wie bei einer Anzeige im Auto, die bspw. einen Ölbedarf aufweist. Dennoch kennen ist uns unser Nährstoff-Bedarf oft unbekannt, weil wir nicht auf unser Körpergefühl achten. Das liegt mitunter daran, dass wir öfter aus Emotionen heraus essen, ohne tatsächlich in unseren Körper zu spüren und seine Bedürfnisse wahrnehmen.

Food no fight

„Wenn wir gestresst sind, werden all unsere Energiereserven freigesetzt (was sich in der Frühzeit beim Jagen notwendig war). Stress führt daher immer noch zu Blutzuckerschwankungen, welche wiederum ein Verlangen nach energiereichem, fettigem Essen auslösen, weil der Körper die vermeintlich aufgebrauchten Reserven auffüllen möchte. Heutzutage haben wir jedoch oft mentalen Stress statt physischem und benötigen die zur Verfügung gestellte Energie gar nicht. Während des Stresses hätten wir evolutionär bedingt eigentlich keinen Appetit, um kämpfen oder flüchten zu können. Trotzdem kann es sein, dass wir in Stresssituationen mehr essen, weil es uns von klein auf so antrainiert wurde (vgl. Süßigkeiten bei Kummer).

Schlaf als Ernährungsfaktor

Unser Hunger- und Appetitgefühl wird stark von unserer Schlafdauer und -qualität beeinflusst. Haben wir nicht ausreichend oder schlecht geschlafen, so ist das Hungerhormon für 24 Stunden erhöht. Deshalb sollten wir an Tagen mit stetem Hungergefühl reflektieren, wie unsere letzte Nacht war und entscheiden, ob unser Körper tatsächlich Nahrung fordert oder sich schlichtweg nach einem Powernap sehnt.

Zucker - Eine Sucht?

Zucker aktiviert bestimmte Hirnareale, welche ebenso durch Kokain aktiviert werden. Zucker kann also süchtig machen und führt dazu, dass das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet wird, was uns nach einem stressigen Tag kurzzeitig entspannt und unsere Laune anhebt. Der Körper gewöhnt sich daran und verlangt regelmäßig nach dem glücksauslösenden Stoff. In stressigen Situationen sollten wir daher für eine gute Nährstoff-Basis sorgen, die uns unterstützt.

WAS essen?

Wie viele verschiedene Obst und Gemüsesorten sollten wir pro Woche essen?

Die richtige Antwort lautet tatsächlich 25, was zunächst viel erscheint. Wir können es aber schaffen, indem wir darauf achten, was in unserem Einkaufswagen landet, weshalb wir den Einkauf stets gut planen sollten. Denn was man einkauft, isst man letztendlich auch. Eine derartige Ernährung wirkt positiv auf das Darmmikrobiom.

 

Das Tellermodell

Wie lässt sich dieses Ziel aber im Alltag umsetzen? Dazu nennt Gellert die Healty eating plate bzw. das Tellermodell.

Dabei sollen Obst und Gemüse die Hälfte einer Mahlzeit einnehmen. Allerdings sollte der Gemüseanteil höher als der Obstanteil sein.
Ein Drittel sollte mit ballaststoffreichen Kohlenhydraten gefüllt werden, bspw. mit klassischen Beilagen wie etwa Kartoffeln oder Reis.
Das übrige Drittel verbleibt für gesunde Eiweißquellen, wobei hier eine Vielfalt von Fisch, Fleisch, Joghurt, Topfen, Hülsenfrüchten, Kichererbsen, Bohnen, … optimal ist.

Abgerundet wird der Teller durch gesunde Fette, nämlich pflanzliche ungesättigte Fettsäuren wie Olivenöl, Nüsse, Samen oder Omega-3-Fettsäuren.

Abgesehen von der Zusammenstellung der Mahlzeit wirkt eine Pause zwischen den Mahlzeiten sehr förderlich. Stets vor sich hin zu „snacken“ ist hingegen kontraproduktiv. Gelegentliches Intervallfasten hat einen besonders guten Effekt, um bspw. den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Eine gut ausgewogene Mahlzeit sollte etwa 4 Stunden satt halten. Ist dies nicht der Fall, sollte man reflektieren, ob der Teller nicht ausgewogen zusammengestellt war oder man schlichtweg zu wenig gegessen hat.

Eine weitere hilfreiche Methode für eine gesunde Ernährung ist „Eat the rainbow“. Dabei sollen möglichst viele Farben im eigenen Kühlschrank vertreten sein. Denn jede Farbe hat eine andere Funktion und Wirkung auf unseren Körper. Eine Vielfalt gewährleistet eine gute Versorgung.

Superfoods und Vitamine

Superfoods versorgen uns im Alltag mit kleinen lebensnotwendigen Bestandteilen, die wir über Nahrung aufnehmen müssen, - Vitamine. Dabei ist nicht zwingend die Rede von Goji-Beeren und Co, sondern kann dieser Vitamin-Bedarf auch gut durch größtenteils heimische Produkte abgedeckt werden.

Die in nebenstehender Tabelle markierten Vitamine (A, D, E und K) sind fettlöslich. Das bedeutet, dass sie nur in Kombination mit Fetten vom Körper aufgenommen werden können. Während das Fett bei Eigelb bspw. bereits im Lebensmittel inkludiert ist, sollten zu Spinat und Salat gesunde Fette kombiniert werden.

Bei Vitamin D stellt sich das Problem, dass es zwar durchaus in Lebensmitteln enthalten ist, jedoch in so geringen Mengen, dass wir unseren Bedarf rein über Nahrungsaufnahme nicht decken können. Eine große Menge an Vitamin D nehmen wir mittels Sonnenlichts auf. Deshalb sollten wir vor allem im Herbst und Winter darauf achten, gut damit versorgt zu sein und gegebenenfalls auf Supplemente zurückzugreifen.

Nahrungsmittel-Supplemente

Die gezielte Einnahme von Supplementen kann, vor allem bei nicht möglicher Nährstoffaufnahme mittels Lebensmittel, wichtig und notwendig sein. Ein Multivitamin-Präparat hingegen ist nicht besonders dienlich. Zum einen, weil sich mehrere Nährstoffe, die gleichzeitig eingenommen werden, sich gegenseitig blockieren, wenn sie dieselben Rezeptoren benötigen, um aufgenommen zu werden. Zum anderen, weil sich in Multivitamin-Präparaten auch fettlösliche Vitamine befinden, die, in Wasser aufgelöst, gar nicht im Körper ankommen.

Zwei Nährstoffe, an denen die meisten einen Mangel haben, sind Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren. Blutanalysen können dabei helfen, einen Mangel festzustellen. Supplemente sind bei diesen Vitaminen vor allem dann sinnvoll, wenn man keinen Fisch isst oder im Winter wenig Sonnenlicht aufnimmt.

Getränke

Pro Tag sollten wir 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit zu uns nehmen, bestenfalls in Form von Wasser, ungesüßtem Tee oder schwarzem Kaffee. Ob unser Körper ausreichend mit Flüssigkeit versorgt ist, kann mithilfe eines einfachen Tests ermittelt werden: Unser Urin sollte gegen 12 Uhr fast glasklar sein, ist er hingegen gelb und trüb, ist das ein Anzeichen dafür, dass wir mehr trinken sollten. Das ist nicht nur aus gesundheitlicher Sicht relevant, sondern auch für unser akutes Wohlbefinden. Denn nur 2% Körperwasserverlust (1,5-2l) können dazu führen, dass wir uns müde fühlen und Kopfschmerzen haben.

Blutzucker

Neben dem, was wir trinken oder essen, hat auch unser Blutzucker einen enormen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen, nicht nur hinsichtlich unseres Energielevels, sondern auch hinsichtlich unserer Stimmung.

Bestenfalls ist der Blutzuckerspiegel relativ konstant. Wenn wir bspw. einen Cappuccino oder eine Cola trinken, steigt der Blutzucker schnell an und fällt auch wieder rapide ab, was Heißhunger auslösen kann. Mit jeder Blutzuckerschwankung schwankt nicht nur unser Wohlbefinden, sondern auch unsere Stimmung.

Tatsächlich sind alle angegebenen Optionen mit Ausnahme von langsamem Essen und ausreichendem Kauen Maßnahmen, um unseren Blutzuckerspiegel zu regulieren. Die dritte Antwort hilft zwar, unser Hunger- und Sättigungsgefühl besser wahrzunehmen, doch die Geschwindigkeit des Verzehrs hat keinerlei Auswirkung auf unseren Blutzuckerspiegel.

 

Wenn wir unsere Mahlzeiten hingegen mit Eiweißquellen wie bspw. Haferflocken, Nüsse, Joghurt oder Topfen (Bsp. Porridge) anreichern, und zwar in ausreichendem Ausmaß, so bleibt der Blutzucker trotz Süße relativ konstant. Anstatt ausschließlich Obstsorten mit hohem Zuckergehalt wie Bananen oder Weintrauben zu konsumieren, nutzt es auch andere Obstsorten wie Beeren in die Mahlzeit zu integrieren. Es bedarf demnach also kaum einem Verzicht, stattdessen sollte darauf geachtet werden, wie sich Leibspeisen anders kombinieren lassen. So sollten auch Süßspeisen eher als Nachtisch dienen, weil sie dann in die Mahlzeit, in Eiweiß „verpackt“ sind und der Blutzuckerspiegel damit zurückgehalten wird.
Bewegung hat ebenso einen äußerst positiven Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Bereits ein 10-minütiger Spaziergang reguliert den Blutzuckerspiegel. Die zugeführte Energie wird direkt wieder verwertet.

WIE essen?

In verschiedenen Situationen haben wir Lust auf bestimmtes Essen. Man sollte sich immer überlegen, worauf man Lust hat und was dieses Essensbedürfnis hervorruft – tatsächlicher Hunger oder steckt doch eine andere Ursache dahinter wie Appetit, Schlafmangel oder Stress?

Essen darf und soll jedoch auch genussvoll sein! Mit Familie und Freunden ohne schlechtes Gewissen zu genießen, ist wichtig für unsere mentale Gesundheit. Die Basis bilden 80% - eine Versorgung mit wichtigen Nährstoffen, um gesund zu sein und zu bleiben. Die restlichen 20% verbleiben für puren Genuss! Ernährung darf nicht zu funktional betrachtet werden, sondern soll auch mit gewisser Leichtigkeit und Genuss einhergehen.

Wichtige Schlagworte für erste Schritte

  • Hydrate: ausreichend trinken – bestenfalls Wasser!
  • Eat real food: naturbelassene, unverarbeitete Lebensmittel konsumieren
  • Mindful eating: Warum esse ich? Genussmomente einbauen und bewusste Entscheidungen treffen!
  • Eat a rainbow: bunt und vielfältig essen
  • 80 / 20: Wenn die Basis stimmt, darf man sich auch Genuss gönnen!

Man muss dabei nicht alles sofort und perfekt machen, sondern schrittweise. Was ist die eine Sache, die du einfach und direkt umsetzen kannst?

FAQ - eure Fragen

Wie soll man die richtige Aufteilung von Gemüse, Obst und Proteinen bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten schaffen? 

Ein ganz wichtiges Thema! Wenn ich Nahrungsmittelunverträglichkeiten habe und weiß, dass ich gewisse Nahrungsmittel nicht essen kann, können Nahrungsergänzungsmittel Sinn machen. Diese sind immer nur als Supplemente zu sehen, also als Ergänzungen und nie als Ersatz für Lebensmittel.

 

Wie kann man den Blutzuckerspiegel gut messen?

Man kann sich einen Blutzuckersensor in die Haut „implantieren“ lassen, der so dünn wie ein Faden ist, und hat dann eine permanente Blutzuckermessung. Wir tracken hierbei genau genommen nicht den Blutzucker, sondern die Gewebsflüssigkeit, die sich durch den Blutzuckerspiegel verändert. Diese Methode wird schon lange bei Diabetiker/innen angewendet.

 

Blockt die Verwendung von Sonnencreme auch die Bildung von Vitamin D?

Das ist ein Mythos – Nein! Sonnenschutzmittel blocken nicht die Aufnahme von Vitamin D.

 

Wie wirken sich Softdrinks mit Zuckerersatzstoffen auf den Blutzuckerspiegel aus?

Es gibt tatsächlich Menschen, deren Blutzuckerspiegel auf Zuckerersatzstoffe reagieren, normalerweise aber haben sie keine Auswirkung. Dennoch würde ich diese nicht empfehlen. Viel Süßstoff wirkt sich zwar nicht auf den Blutzucker aus, doch zerstören wir unser Geschmacksempfinden. Immer mehr Studien zeigen zudem, dass Süßungsmittel unsere Darmbakterien und Mikrobiome verändern. Die Dosis macht das Gift. Sowohl Zucker als auch Süßungsmittel sind in Mengen nicht gut. Beides ist nicht ideal.

 

Wo stecken die Omega-3-Fettsäuren noch drinnen außer im Fisch?

Es gibt zwei, die wir benötigen – DHA und EPA. Diese stecken leider tatsächlich nur in fettreichen Kaltwasserfischen. Es gibt aber auch pflanzliche Omega-3-Fettsäure-Quellen in Avocados, Leinsamen oder Walnüssen. Diese verfügen allerdings über eine andere Fettsäure (ALA), die erst umgewandelt werden muss. Dieser Umwandlungsprozess ist nicht besonders effizient. Wenn man keinen Fisch isst, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man nicht ausreichend über Omega-3-Fett im Verhältnis zu Omega-6 verfügt, welches in verarbeiteten und tierischen Lebensmitteln enthalten ist.

 

Ist es egal, zu welcher Uhrzeit ich Mahlzeiten zu mir nehme? Sollte man morgens mehr als abends essen?

Es macht Sinn, dann die größte Menge an Energie zuzuführen, wenn man sie verbraucht. Wenn man allerdings abends noch aktiv ist und bspw. nach der Arbeit noch trainiert, dann braucht man auch Energie. Es macht für viele Menschen Sinn, die Energie über den Tag hinweg zuzuführen, wenn man auch in Bewegung ist. Zwischen der letzten Mahlzeit und dem zu Bett gehen sollten jedenfalls mindestens 2-3 Stunden liegen, um dem Körper Zeit für die Verdauung zu geben.

 

Ich habe schon des Öfteren gelesen, dass Obst- und Gemüse-Smoothies ihren Zweck verlieren, weil sie püriert sind. Weil die Aufnahme bei Weitem schlechter sei, als wenn das Obst gekaut und mit Enzymen des Speichels angereichert werde. Ist also eine gegessene Banane besser als drei pürierte in einem Smoothie?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich von dieser Theorie noch nie etwas gehört habe. Durch das Pürieren gehen keine Nährstoffe verloren, allerdings die Struktur. Es macht einen Unterschied, ob man etwas püriert isst oder kaut. Es ist immer besser, Obst im Stück mit Schale zu essen als die pürierte oder Smoothie-Version, weil der Körper ansonsten nichts mehr verdauen muss. Beim Gemüse sehe ich das nicht so problematisch. Jedoch wirkt sich die Verarbeitungsform auch auf das Sättigungsgefühl aus. Eine Suppe sättigt uns nicht so sehr wie dieselbe Menge an festem Gemüse.

Die Aufzeichnung des gesamten Vortrags inklusive der Q&A Session steht den Windhund 365 Kunden auf der Eventumgebung 30 Tage lang zur Verfügung.

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