Dr. Britta Hölzel

Diplom Psychologin & Achtsamkeitstrainerin

Als Wissenschaftlerin untersuchte sie die neuronalen Mechanismen der Achtsamkeitsmeditation, z.B. an der Harvard University. Brittas Forschungsarbeiten sind in renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert und ihre Arbeit erfährt viel Aufmerksamkeit in den Medien. Heute ist sie selbständig als Achtsamkeitstrainerin in München tätig und Autorin verschiedener Bücher und Übungs-Programme zum Thema.

Wie mindfulness deinen Alltag bereichern kann

Immer stärker ist unser Alltag gekennzeichnet durch Zeitdruck, zunehmende Komplexität, den Druck zum Multitasking und Zerstreuung. Viele Menschen berichten, dass es ihnen schwerfällt, ihren Fokus selbstbestimmt zu halten und dass die notwendige Selbstfürsorge auf der Strecke bleibt. Anstatt das Leben bewusst zu erfahren, funktionieren wir nur noch. Die dadurch erlebte Überforderung führt letzten Endes zu physischen und psychischen Erkrankungen. Mindfulness bedeutet, bewusst am eigenen Leben teilzuhaben und hat sich als effektive Übungspraxis zur Reduktion von Stress und Verbesserung der Gesundheit erwiesen, wie aktuelle Forschungsstudien belegen. Im Vortrag werden die Praxis der Mindfulness und deren Wirkeffekte vorgestellt und mit neurowissenschaftlichen Daten unterlegt. Zudem wollen wir gemeinsam eine kurze Meditation üben.

Die Aufmerksamkeit bewusst steuern zu können, ist eine zentrale Fähigkeit für ein gesundes und zufriedenes Leben und kann durch Meditationsübungen verbessert werden. Eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien belegt, dass Mindfulness Stress reduziert und die psychische und physische Gesundheit stärkt. Neurowissenschaftliche Studien beschreiben Veränderungen in der Funktion und Struktur des Gehirns durch Meditation, die den positiven Wirkeffekten zugrunde liegen.

Stress: Zahlen und Auswirkungen

  • 76% der Menschen hatten im letzten Monat gesundheitliche Beschwerden durch Stress (APA, 2022).
  • 27% der AmerikanerInnen berichten, dass sie an den meisten Tagen so gestresst sind, dass sie nicht richtig funktionieren können (APA, 2022).
  • Erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Magengeschwüre und psychische Erkrankungen, wie Depression und Angststörungen.
  • Hoher Krankenstand kostet die Wirtschaft bis zu 42 Mrd. Euro pro Jahr (IfW, 2022).

Was ist Achtsamkeit eigentlich?

Achtsamkeit bedeutet, Aufmerksamkeit in den gegenwärtigen Moment zu bringen und sich dessen bewusst zu werden, was jetzt gerade passiert.  Zudem umfasst Achtsamkeit eine innere Haltung, die sich durch Offenheit, Akzeptanz und Neugierde gegenüber neuen Erfahrungen anstatt durch Ablehnung auszeichnet.

So schön und trivial das auch klingen mag, die Umsetzung in der Praxis gestaltet sich oft herausfordernd. Unser Geist ist im Alltag überall, nur nicht im Moment: Sorgen sowie Nachdenken über Vergangenheit und Zukunft okkupieren ihn. Dabei ist es nicht so einfach, im gegenwärtigen Moment anzukommen.

Killingsworth & Gilbert haben zum Thema „Gedankenwandern“ eine Studie durchgeführt. Die Ergebnisse:

  • Die Aufmerksamkeit ist in etwa 50% der Zeit nicht bei dem , was wir gerade tun.
  • Menschen sind glücklicher, wenn sie bei der Sache sind, als wenn der Geist wandert.
  • Dies ist unabhängig davon, ob etwas Angenehmes oder Unangenehmes getan wird.

In Anbetracht dieser Befunde ist es umso erfreulicher, dass Achtsamkeit eine Haltung ist, die man bewusst in jeden des Lebens finden und mitnehmen kann. Doch wie gelingt es, in die Achtsamkeit zu gelangen und sie zugänglich zu machen? Die Antwort liegt in der Bewusstseinsschulung, welche durch Meditationen geübt wird

Denn durch Meditation kann ein Moduswechsel geschehen, sodass wird vom bloßen „Tun und Funktionieren“ ins „Innehalten, bewusste Sein und Erleben“ kommen

Auch wenn es zunächst schwierig sein kann, Meditationsübungen in den Alltag zu integrieren und eine Routine zu etablieren, so lohnt sich diese Praxis doch.

Denn Achtsamkeit verbessert …

  • das Stressempfinden
  • die psychische Gesundheit (bspw. Depressionen, Angststörungen)
  • die körperliche Gesundheit: Das Immunfunktion wird verbessert, der Bluthochdruck reduziert und es gibt im Allgemeinen weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • die Kognition: Aufmerksamkeit, Denken und Wahrnehmung werden positiv beeinflusst, sodass die Konzentrationsfähigkeit und Kreativität verbessert werden. Auch Arbeitsgedächtnis und mentale Flexibilität profitieren.

das Sozialverhalten: Prosoziales Verhalten, Kommunikationsfähigkeit, Hilfsbereitschaft und Empathie führen zu einem besseren Miteinander.

Wie funktioniert Achtsamkeit genau?

Achtsamkeit setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

  • Aufmerksamkeit
  • Emotionsregulation
  • Perspektive auf das eigene Selbst

Verfügt man über jene Fähigkeiten und Fertigkeiten, entwickelt man eine ausgeprägte Selbstregulationsfähigkeit, was bedeutet, dass man eine gewisse Macht über seine eigenen Gedanken und Gefühle hat.

Eine Übung zur Achtsamkeit, die sich schnell und einfach durchführen lässt, wäre es bspw. die Augen zu schließen, bewusst zu atmen und zu versuchen, im Jetzt zu sein.

Aufmerksamkeit

Aufgrund der zunehmenden Reizüberflutung in unserem Alltag, wird es umso schwieriger, aber auch umso wichtiger, die Aufmerksamkeit darauf halten zu können, wo wir sie benötigen – Stichwort: Fokussierung.

Meditation hilft dabei, die Aufmerksamkeit zu trainieren und zu stärken. In zahlreichen psychologischen Studien konnte dies nachgewiesen werden, indem gezeigt wurde, dass der Anteriore cinguläre Cortex (ein Hirnbereich), der besonders relevant für die Fokussierung ist, durch regelmäßige Meditationsübungen aktiviert und auch strukturell verändert wird –  ähnlich wie bei einem Muskeltraining.

Emotionsregulation

Emotionsregulation ist die Fähigkeit, Gefühle sowie auch Stress regulieren zu können. Ein Problem bei Stress ist, dass wir unser Stresslevel häufig erst bemerken, wenn es bereits sehr hoch ist. Durch Achtsamkeit und Meditation wird die Wahrnehmung des eigenen Körpers eingeübt, wodurch eine frühzeitige Erkennung von Stress-Symptomen ermöglicht wird.

Außerdem ist es wichtig, „echte“ Ruhepausen einzulegen. Viele „Pausen“ fühlen sich nämlich überhaupt nicht erholsam an, wenn wir in dieser Zeit bereits wieder „vor-“ und „nachdenken“. Durch Achtsamkeit gelingt es, Sorgen und Gedanken bewusst zur Seite zu legen, um den Moment der bewussten Pause zu spüren. Unsere Physiologie kann sich damit erholen und die Regeneration wird aktiviert.

Was passiert im Gehirn eigentlich bei Stress?

Während im Normalzustand der präfrontale Kortex aktiv ist, der komplexes Denken und einen klaren Verstand begünstigt, aktiviert sich bei Stress die Amygdala – der Hirnbereich des Überlebensmodus. Dann sind keine komplexen Denkvorgänge mehr möglich. Durch Meditation und Achtsamkeit wird die Fähigkeit der Kontrolle eigener Gedanken und Gefühle erworben und damit auch ein anderer Umgang mit akuten Stresssituationen erlernt.

Achtsamkeit bedeutet, anstatt ins Denken und Grübeln zu kommen, ins Fühlen zu kommen und Akzeptanz gegenüber seinen Gefühlen walten zu lassen (nicht gegenüber der Situation allgemein). Durch diese Akzeptanz, ist der Körper auch wieder im Stande, aus der Anspannung hinauszukommen, sobald die Gedanken sich ändern.
 

Sinnesroutinen

Sinnesroutinen sind gute Gelegenheiten, Achtsamkeit einfach und mühelos in den Alltag zu integrieren, indem man versucht, bspw. folgende Handlungen ganz bewusst und mit allen Sinnen wahrzunehmen:

  • Händewaschen (Wasser auf der Haut spüren, Seife riechen)
  • Duschen
  • Zähne putzen
  • Kaffee trinken (Wärme und Geschmack des Kaffees wahrnehmen)
  • Essen
  • Gehen

Es scheint ein Irrglaube zu sein, Dinge noch schneller abarbeiten zu müssen, um dem Stress zu entkommen. Eigentlich bedarf es genau dem Gegenteil – wir sollten die eine Sache, die wir gerade tun, bewusst tun!

Achtsamkeits-Toolbox

  • Den Tag mit einer Achtsamkeitsübung beginnen und beenden
  • Sinnensroutinen einbauen: BEWUSST Hände waschen, essen, gehen, …
  • In stressigen Momenten -> Innehalten
  • Wartezeiten als „geschenkte Pausen“ wahrnehmen
  • Meeting-Kultur: einen achtsamen Moment zum Ankommen nehmen; Meetings ab und zu 5 Minuten früher beenden, um den Arbeitsalltag etwas aufzulockern

FAQ - Eure Fragen

Welche Kurse, Ressourcen, Bücher gibt es für Achtsamkeitstrainings?

Es gibt sehr viele! Es gibt wirklich eine Fülle wie bspw. eine Reihe von Apps, die man zunächst kostenlos nutzen und probieren kann. Ein Training wäre der „Mindfulness based stress reduction“-Kurs, bei dem die Trainer zertifiziert sind, was als Gütemerkmal gilt. Ich biete auch selbst solche Kurse an, die auch online verfügbar sind, aber es gibt, wie gesagt, unterschiedlichste Formate.

Wie gut funktioniert die Achtsamkeit und Meditation bei Menschen mit ADHS?

Das ist eine schwierige Frage. Was die Forschung betrifft, gibt es da noch keine konkreten Antworten. Ich würde empfehlen, in ganz kleinen Schritten zu arbeiten und nicht zu viel von sich zu verlangen.

Wie kann man sich ganz auf eine Meditation einlassen? Mir fällt es schwer, mich in meinen Körper zu fühlen?

Meditation ist natürlich eine lebensbegleitende Praxis und Übung. Es gilt, dranzubleiben und zu versuchen, abschweifende Gedanken nicht zuzulassen und zu fokussieren, um ganz im Hier und Jetzt zu sein.  Es gibt aber auch Bedingungen wie bspw. eine posttraumatische Belastungsstörung, wo es sich gar nicht anbietet, sich in den Körper zu spüren, weil dadurch negative Erfahrungen und Gefühle aktiviert werden könnten – dann empfiehlt es sich eher zu gehen, in Bewegung zu kommen, … Jede/r kann hier seinen eigenen Weg finden, der für sie/ihn am besten funktioniert.

Achtsamkeit in Meetings einbauen? Was bietet sich da an?

Wir experimentieren aktuell damit. Beispiele wären: Momente der Pausen mit in Meetings reinnehmen, mit Stille oder einer Kultur des Zuhörens beginnen, Präsenz walten lassen, bewusstes Zuhören, ausreden lassen, Gedanken zu Ende führen lassen. All diese Praktiken führen letztendlich auch zu besseren und kreativen Lösungen.
Natürlich ist es auch hilfreich, je mehr Leute des Unternehmens sich in Achtsamkeit üben und über ein Bewusstsein darüber verfügen. Es ist aber auf jeden Fall eine Weiterentwicklung spürbar.

Hätten Sie einen Achtsamkeitstrainingsplan für die ersten Wochen, um gut starten zu können?

Ich will nicht zu viel Eigenwerbung machen, aber ich habe tatsächlich auch so einen Plan entwickelt. Es gibt da aber ganz viel – auch online – und da kann man dann schauen, was gut für einen funktioniert und womit man sich wohlfühlt? Simpel und kurz zu starten, ist meine persönliche Empfehlung. Natürlich ist es toll, wenn man den Raum hat, tiefer in die Meditation zu kommen, aber alles mit der Zeit.

Warum macht es den Anschein, dass Männer sich leichter tun, sich auf eine Sache zu konzentrieren?

Haha, subjektiv würde ich das auch so sehen, aber tatsächlich kann ich dazu keine wissenschaftlichen Daten liefern. Eventuell ist es darauf zurückzuführen, dass Frauen aus evolutionärer Sicht immer auf die Kinder achten mussten und sich daher nicht voll und ganz auf eine Sache fokussieren konnten.

Die Aufzeichnung des gesamten Vortrags inklusive der Q&A Session steht den bei Windhund 365 teilnehmenden Unternehmen auf der Eventumgebung 30 Tage lang zur Verfügung.

Das monatliche Health Event für Ihr Team Windhund 365 holt die besten Speaker per Livestream in Ihr Unternehmen. Die abwechslungsreichen Events begeistern Ihr Team und schaffen die Basis für ein modernes Gesundheitsmanagement. MEHR INFOS Letzte Beiträge Themenbereiche
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